Wie klingt Heidelberg? Hat die Stadt am Neckar gar einen eigenen Sound? Am 24. August 2024 nahm eine Gruppe der Schlappohren Mannheim an einem Hörtraining der besonderen Art teil: ein Hörspaziergang unter Leitung von Jörn Paland. Veranstalter war der Bund deutschsprachiger Audiotherapeutinnen und Audiotherapeuten e.V. (BdAt), dessen Schriftführer Paland ist. Der ehemalige Stadtführer ist selbstständiger Audiotherapeut beim CI-Zentrum Bremen und seit über 10 Jahren Spezialist für Hör- und Klangspaziergänge für Hörgeschädigte.
Bei strahlendem Sonnenschein fanden Übungen zur Klangwahrnehmung statt und darüber hinaus gab es Tipps für die Durchführung eigener Hörspaziergänge. Die Teilnehmenden: Hörgeräteträger, Menschen mit Cochlea Implantat (CI-Träger), Audiologinnen/Audiologen und Hörakustiker. Jörn Paland hatte die buntgemischte Truppe von 19 Leuten, die sich untereinander nur zum Teil kannten, über digitale Netzwerke zusammengetrommelt. Die Prioritäten beim Rundgang durch die Stadt waren nicht auf touristische Ziele gerichtet, sondern auf verschiedene Geräuschkulissen. Der Heidelberger Marktplatz war Treffpunkt
und Station Nummer 1. Inspiriert von einem Edelsteingeschäft, das Ammoniten anbietet, die an eine Hörschnecke erinnern, schlug Jörn Paland die erste Brücke zum Hören. Er zauberte aus seiner Tasche verschiedene getrocknete Pflanzen hervor, die mit Samen gefüllt waren, und wir lauschten dem unterschiedlichen Rasseln der Inhalte. Nicht jede und jeder konnte allen Geräuschen folgen. So ist das nun mal mit der Schwerhörigkeit.
Danach gingen wir zum Sumebrunnen am Heumarkt. Hier rinnt das Wasser von verschiedenen Höhen in verschiedene Ebenen. Wir haben uns auf diese unterschiedlichen Geräusche konzentriert. Mal plätschert es in tieferen, dann in höheren Tonlagen. Mal kraftvoller, mal zart und glockenklar. Ein Brunnen und so viele Geräusche, ein wahres Hörtraining!
Sume-Brunnen (hier leider ohne Wasser) am Heumarkt in der Heidelberger Altstadt (Bildquelle: 4028mdk09, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)
Bei der nächsten Station, der Peterskirche, packte jeder seinen Schlüsselbund aus, schüttelte ihn kräftig. Dann sollten wir unsere Geräuschwahrnehmung beschreiben.
Erschreckend war, dass hier fast alle negative Adjektive fanden. Wir lernten: Oftmals verbinden wir das Gehörte mit Stress und versuchen gar nicht erst objektiv, das Geräusch beim Namen zu nennen. Es wäre gut, das zu üben.
(Bildquelle: Gertident, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)
Am Universitätsplatz war erneut Hörtraining: Wir standen in einer Reihe, schlossen die Augen und eine Person hat sich, während sie sprach, langsam immer weiter entfernt. So wurden die unterschiedlichen Entfernungen sichtbar, ab wann wir nicht mehr verstehen bzw. nicht mehr hören konnten. Eine weitere Station führte uns zum Theaterplatz, wieder ein Brunnen: Hier waren mit den vielen Menschen die Umgebungsgeräusche allerdings zu laut für uns, um den Klängen des Brunnens zu lauschen.
Natürlich gab es bei der Führung auch Gelegenheit, sich um das leibliche Wohl zu kümmern. Nach dem Mittagessen wollten wir eigentlich den Philosophenweg hochlaufen. Wegen der großen Hitze entschieden wir uns jedoch, in der schattigen Stadt zu bleiben und ließen den Tag mit einem Wechsel auf die andere Neckarseite bei Kaffee, Kuchen und Eis gemütlich ausklingen. Dabei kamen viele spannende Gespräche über unsere Hörbehinderung zustande. Es wird auch nie langweilig, sich darüber auszutauschen. Wir danken Jörn für den inspirierenden Tag, der uns zeigte, dass auch vermeintlich Unspektakuläres sehr wohl für schöne und interessante Klänge sorgen kann.
(Quellen: B. Jürgensen, BdAT e. V.)